Arbeitsbericht: August 2015 bis Juli 2016

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Ein Jahr wie kein anderes

Sel­ten haben frie­dens­ethi­sche The­men die Schlag­zei­len so domi­niert wie in den letz­ten Mona­ten. In der Ukrai­ne haben wir die Wie­der­kehr des Krie­ges nach Euro­pa erlebt mit neu­en hybri­den For­men und kru­der Anne­xi­ons­po­li­tik. In Syri­en und im Irak ist kein Ende von Krieg und Gewalt­hand­lun­gen abzu­se­hen. Die
Men­schen in Alep­po wie in Mos­sul wer­den zwi­schen den Fron­ten zer­rie­ben. Der Ter­ror des IS hat Hun­dert­tau­sen­de in die Flucht getrie­ben; zugleich wer­den die Gren­zen durch die neu­en Rea­li­tä­ten ver­scho­ben. „Der Nahe Osten, so wie wir ihn ken­nen, exis­tiert nicht mehr“, kom­men­tiert Vol­ker Per­thes, Direk­tor der SWP.

In Deutsch­land haben wir über lan­ge Zeit die Augen vor den Fol­gen von Krieg und Gewalt ver­schlos­sen, solan­ge die Gestran­de­ten in Grie­chen­land und Ita­li­en blie­ben. Aber 2015 war dann kein Hal­ten mehr, Hun­dert­tau­sen­de haben sich auf den Marsch über den Bal­kan nach Nor­den gemacht: Auf den Ansturm der Geflüchteten nach Mit­tel­eu­ro­pa hat die Zivil­be­völ­ke­rung schnell mit gro­ßer Hilfs­be­reit­schaft reagiert, bevor Poli­tik und Staat ihren Auf­ga­ben nach­ge­kom­men sind.

Nach Mona­ten des inner­eu­ro­päi­schen Streits kris­tal­li­siert sich ein neu­er Kon­sens schär­fer denn je her­aus: Als Aus­weg aus der feh­len­den inner­eu­ro­päi­schen Soli­da­ri­tät bündelt die EU ihre Kräf­te, um die vor Gewalt und Not flüchtenden Men­schen mög­lichst von dem Weg über das Mit­tel­meer abzu­hal­ten. Fast überall sit­zen Rechts­po­pu­lis­ten der Poli­tik im Nacken. Als einer der letz­ten Rufer macht Papst Fran­zis­kus die euro­päi­schen Völ­ker auf ihre Ver­ant­wor­tung auf­merk­sam und ver­sucht die­ser ego­is­ti­schen Hal­tung zu weh­ren. Haben wir nicht eine viel wei­ter­ge­hen­de Ver­ant­wor­tung in der Welt­ge­sell­schaft jen­seits unse­rer eige­nen Interessen?

Unse­re wis­sen­schaft­li­che Arbeit ist von den geschil­der­ten Ereig­nis­sen nach­hal­tig geprägt. Sie schei­nen in den For­schungs­pro­jek­ten, Vor­trä­gen und Publi­ka­tio­nen des ver­gan­ge­nen Jah­res auf. In einer Zeit, in der Poli­tik nach Lösun­gen wie auch nach Ori­en­tie­rung sucht, wol­len wir dazu unse­ren Bei­trag leisten.

Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven
Lei­ten­der Direktor

Intervention in Libyen

 

Rund vier Wochen nach­dem in Liby­en – im Kon­text der Ara­bel­li­on – gewal­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen aus­ge­bro­chen waren, ver­ab­schie­de­te der Sicher­heits­rat der Ver­ein­ten Natio­nen (VN-SR) Reso­lu­ti­on 1973. Die Mono­gra­fie zielt dar­auf ab, das Vor­ge­hen sowohl des VN-SR als auch der den anschlie­ßen­den mili­tä­ri­schen Ein­griff füh­rend umset­zen­den Staa­ten aus Sicht katho­li­scher Frie­dens­ethik zu beur­tei­len. Dazu wird zunächst das kon­tex­tua­li­sier­te Gesche­hen erschlos­sen.  Anschlie­ßend wird auf nor­ma­ti­ver Ebe­ne ein Maß­stab für den Schutz Unschul­di­ger aus der Tra­di­ti­on katho­li­scher Frie­dens­ethik auf­be­rei­tet. Schließ­lich wird die Inter­ven­ti­on in Liby­en argu­men­ta­tiv und dif­fe­ren­ziert bewertet.