Grundfragen der GASP in theologisch-ethischen Zugängen © European Union Grundlagen auswärtiger EU-Sicherheitspolitik aus theologisch-ethischer Perspektive. Das Beispiel Mali/zentraler SahelEuropäisches DoktorandenkolloquiumPromotionsprojekt Sich aus der Perspektive theologischer Ethik mit Sicherheitspolitik auseinanderzusetzen, fällt nicht in den Kernbereich dieser Disziplin. Auch wer sich aus kirchlicher Verortung heraus mit dem auswärtigen Handeln der Europäischen Union (EU) beschäftigt, bewegt sich eher in einem kirchlichen Randbereich. Beides miteinander zu verbinden, könnte aus der skizzierten Blickrichtung heraus als gänzlich abseitiges Interessensobjekt angesehen werden: Insbesondere, wenn es anhand des exemplarischen Geschehens in Mali entfaltet werden soll. Doch das ist ganz und gar nicht so. © Marco Schrage Erstens ist Sicherheit ein genuin theologisch-ethisches Reflexionsfeld, denn die Beschäftigung mit ihr konfrontiert uns sowohl mit der irritierenden Einsicht, dass es jedes Wissen um Sicherheit nur als hypothetisches geben kann als auch mit der virulenten Versuchung, dass wir vollkommene Sicherheit in quasi-demiurgischer Attitüde selbst erschaffen wollen. Zweitens ist die EU von einem Respekt- und Kooperationsmühen in ihrem Inneren getragen, sodass kohärenterweise auch ihr auswärtiges Handeln von eben dieser Haltung ganz durchwirkt sein muss: Da Leben aus dem Glauben, da kirchliches Leben gerade auf das Stiften und Stärken von Frieden zielt, ist die EU vor diesem Hintergrund ein genuin kirchlicher Ort. Drittens ist Mali/der zentrale Sahel ein plausibel-lohnenswertes Beispiel. Zum einen finden sich seine Probleme – Armut, Bildungsausfall, Korruption, mangelndes Gemeinwohlbewusstsein, inter-ethnische Macht- und Ressourcenkämpfe, Waffen-, Drogen- und Menschenschmuggel – mutatis mutandis in vielen anderen Staaten Afrikas. Zum anderen werden die Krisen und Erschütterungen der kommenden Jahrzehnte in diesem Erdteil Europa intensiver treffen als andere Weltgegenden und werden innerhalb der westlichen Welt zugleich die europäischen Staaten als für die Stabilisierung und Stärkung dieses Kontinents Erstzuständige benannt. Zu guter Letzt ist Mali/der zentrale Sahel die Region in Afrika, in der sich die EU am stärksten sicherheitspolitisch engagiert; und die Notwendigkeit dieses Engagements wird für die Europäer noch sehr viele Jahre bestehen bleiben. Methodisch folgt der Gang des Vorhabens dem klassischen, dreischrittigen Ansatz der Moraltheologie: Sehen – Urteilen – Handeln. Es entfaltet sich daher in drei (exemplarischen) Schritten – einem epistemischen, einem normativen, einem evaluativen: • Welches Verständnis von Sicherheitspolitik hat die EU und welches sind ihre wesentlichen sicherheitspolitischen Beiträge? • Wie ist dafür innerhalb des Denkraums katholischer Soziallehre ein Handlungsmaßstab zu formulieren? • Was folgt daraus für exemplarische Handlungsfelder / Projekte / Missionen: Wie ist Vergangenes zu bewerten; wie sollte Zukünftiges gestaltet werden? Ende 2020 konnte nach schrittweiser Vorbereitung und Koordination ein „europäisches Doktorandenkolloquium“ zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) auf den Weg gebracht werden: Die beteiligten Partner sind – neben dem Institut für Theologie und Frieden (ithf) in Hamburg – © pixabay.com • die Accademia Alfonsiana (AA) in Rom, • die Katolieke Universiteit Leuven (KUL), Faculteit Theologie en Religiewetenschappen in Löwen sowie • die Ukrainian Catholic University (UCU), Faculty of Theology and Philosophy in Lemberg Diese vier Einrichtungen verbinden innerhalb Europas in sehr geeigneter Weise sowohl Nord und Süd, Ost und West als auch die drei großen Sprachräume. An den genannten Institutionen sind je ein Betreuer und ein/e Doktorand/in eingebunden mit einer theologisch-ethischen Arbeit im Themenfeld der GASP. Die derzeitigen Arbeitstitel der einzelnen Dissertationen lauten: • Cuius rex veritas, cuius lex caritas, cuius modus aeternitas: The Ethics of Citizenship in Post-Secular European Society – an Augustinian Prospect (AA) • Healing a wounded imagination: Fear, identity and religion in Central Europe (KUL) • «Фактор Європи» у еклезіальній самоіндентифікації та суспільно-політичному позиціонуванні Церков Київської традиції у незалежній Україні („Europa-Faktor“ in der ekklesialen Selbstidentifizierung und gesellschaftspolitischen Positionierung der Kirchen der Kyiver Tradition in der unabhängigen Ukraine) (UCU) • [noch zu bestimmen] (ithf) Das „europäische Doktorandenkolloquium“ besteht insbesondere darin, reihum an den beteiligten Standorten halbjährlich zusammenzukommen, sich auszutauschen und zugleich Praktiker und Wissenschaftler für Impulse einzuladen sowie Studenten der beteiligten Einrichtungen an Erkenntnissen und Ergebnissen teilhaben zu lassen: Auf diese Weise zielt es darauf, in dem extrem spezifischen und wenig bearbeiteten Bereich theologisch-ethischer Auseinandersetzung mit der GASP • voneinander zu profitieren, • Kompetenzen zu bündeln und so auch • eine stärkere Außenwirkung zu erreichen. Projektbearbeiterin Lisa Neal, M. A. Projektleiter Dr. Marco Schrage